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Libanon: „Die tiefen Wunden des Libanon”

Wir sind eine Woche lang im Libanon » unterwegs. Wir, das sind: Ayline Plachta, Elke Breuer-Schulte, Katja Heidemanns, Johannes Seibel, Frank Kraus und Pfarrer Dirk Bingener. Wir lernen Frauen und Männer kennen, die die verschiedenen christlichen Kirchen im Libanon und Nahen Osten prägen. Einige von ihnen sehen wir im Oktober zum Monat der Weltmission » in Deutschland wieder.

 

Foto: Johannes Seibel / missio
Besuch bei Message de Paix - einem Zentrum für Menschen mit Handicap

Die tiefen Wunden in den Herzen des Libanon

Zweihundert Tote, 6.500 Verletzte, 300.000 Obdachlose – Zahlen beschreiben kaum die tiefen Wunden in den Herzen der Libanesinnen und Libanesen, die die Explosion eines Silos im Hafen von Beirut am 4. August 2020 gerissen hat. Getroffen im wahrsten Sinne des Wortes waren auch Partner von missio. Wie hat sich ihr Leben verändert. Wir besuchen sie und den Ort der Explosion heute am 3. Tag unserer Libanonreise. Wie es der Zufall will: An diesem Tag wühlt den Libanon die Schlagzeile auf, dass der Generalstaatsanwalt des Landes entlassen wurde, damit die Aufklärung der Katastrophe endlich vorangehen kann. Dass dies tatsächlich der Fall ist, daran glaubt niemand, den wir sprechen.

Nur überlebt, weil der Hund aus dem Haus rennt

Ein Augenzeuge des Infernos fährt uns zu einer Schnellstraße mit Blick auf den Hafen und die geborstenen Silostümpfe. Wir halten, steigen aus. Er wohnt wenige Kilometer entfernt. „Ich dachte, ein Bombenangriff. Die Detonation. Augenblicksartig Stille. Dann Schreie. Wir kennen Gewalt, den Bürgerkrieg, Schießereien. Das war anders. Versteht ihr, die Trauma bleiben, sie sind einfach noch da“, erzählt er. Es macht ihn immer noch wütend und traurig zugleich. Seine Mutter – eine gebürtige Deutsche, sein Vater ist Libanese – überlebt nur,  weil der Hund ausgebüxt ist. Kurz vor dem großen Knall. Die Mutter lief ihm hinterher. Dort, wo sie Sekunden vorher noch im Haus gesessen hatte, klaffte nun ein riesiges Trümmerloch. 

missio-Spenderinnen und Spender helfen beim Wiederaufbau

Zerborsten sind an diesem 4. August 2020 auch Fenster, Türen, Wände oder Schränke im Wohn- und Schulkonvent der Rosary Sisters, etwa zwanzig Autominuten vom Hafen entfernt. Beim Wiederaufbau haben ihnen die Spenderinnen und Spender von missio geholfen. Neu gestaltet lädt die Kapelle zum Gebet. Licht flutet durch neue Fenster. Unser Präsident Pfarrer Dirk Bingener » geht mit Schwester Anastasia durch die Schulklassen. Noch improvisieren die Schwestern ein wenig. Nicht alle Tafeln konnten schon ersetzt werden. Stattdessen tünchen die Maler die Wand grün. Darauf schreiben die Jungen und Mädchen mit Kreide.

Hoffentlich sind die persönlichen Verletzungen bald geheilt

Wir sitzen im Gästeraum. Pfarrer Bingener bedankt sich bei den Schwestern. Er atmet kurz tief durch und beginnt: „Wir waren gerade am Explosionsort. Wir haben zwar vor zweieinhalb Jahren die Folgen der Explosion verfolgt, aber mir persönlich war nicht klar, welche Ausmaße diese Katastrophe hier bei ihnen hatte. Die materiellen Schäden kann man beseitigen. Wie schön das Haus geworden ist, das haben wir jetzt gesehen. Aber ich hoffe und ich bete wirklich dafür, dass auch die immateriellen Schäden, die persönlichen Verletzungen und Verunsicherungen bei ihnen hier und bei den Menschen im Libanon bald geheilt werden.“

Menschen mit Handicap gießen Kerzen für eine hellere Welt

Heilung erfahren Menschen mit Handicap im Zentrum unseres Partners Message de Paix – Botschaft des Friedens, einer christlichen Sozialorganisation in Beirut. Das alte Gebäude in Hafennähe zerstörten die Druckwellen des großen „Blast“. Jetzt arbeitet unser Partner auf einer Höhe kurz nach Beirut. Spenderinnen und Spender von missio ermöglichten den Therapeutinnen und Therapeuten, psychosoziale Begleitprogramme kurz nach der Katastrophe fortzusetzen. Die Leiterin Manale Nehme nimmt uns mit in die Kerzengießerei. Dort produziere Menschen mit Handicap Kerzen für Pfarreien, Wallfahrtsorte oder auch Privatpersonen, damit sie die Welt ein wenig heller sehen können.
Aylin Plachta, die spirituellen Anregungen für unseren Sonntag der Weltmission sucht, kauft schon einmal einen Karton. Wir werden sie in Deutschland entzünden – in Solidarität mit den Menschen im Libanon.


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