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Marokko: Weltkirchliche Solidarität in Zeiten von Corona

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Katja Nikles befragte Schwester Claire Hantouche zur aktuellen Situation in Marokko.

Wie hat die COVID-19-Pandemie das Leben der Menschen in Ihrem direkten Umfeld (in Ihrer Nachbarschaft) verändert?

Seit der erste COVID-19-Fall am 2. März 2020 bekannt wurde, hat Marokko eine Reihe drastischer Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen. Dazu gehört auch eine landesweite Ausgangssperre. Während weniger Wochen ist die digitale Heimarbeit zu einer unausweichlichen Realität für die Wirtschaft und die Verwaltung geworden. Viele Schulen haben auch diesen Weg der modernen Technologien gewählt, auch wenn ein Untersuchung gezeigt hat, dass davon nur rund 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler profitieren konnten, weil sie selbst oder die Schulen nicht entsprechend technisch ausgerüstet sind. Manche Regionen haben keinen Zugang zum Internet oder noch nicht einmal zur Elektrizität.

Welche Auswirkungen wird die Pandemie in den nächsten Monaten für Ihr Land haben?

Die Schulen werden erst im September 2020 wieder öffnen. Lediglich das Abitur findet jetzt im Juli statt. Das Bildungsministerium hat einen Aktionsplan ins Leben gerufen. Ziel ist es, das Fernstudium zu institutionalisieren und im kommenden Jahr den Weg für die digitale Schule und digitale Universität zu ermöglichen.

Die Zeit der Ausgangssperre hat laut einer Bilanz der marokkanischen Liga für Frauenrechte (FLDF) zu einem starken Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen geführt. Die alarmierenden Zahlen müssen Anlass dafür sein, diesem Thema auch in der Zeit nach der Krise nachzugehen. Die Nationale Union der Frauen in Marokko (UNFM) kommt mit Notfalltelefonen und einer Plattform zur Unterstützung und Orientierung Frauen und Mädchen in schwierigen Situationen zur Hilfe.

Die Zeit der Pandemie hat auch gezeigt, dass Frauen, die ihre Zeit und Energie im medizinischen Bereich investieren, in der Gesellschaft nicht sichtbar sind. Die Frauenorganisation „Women for Pluralism and Peace“ macht in ihrem Projekt „Sie ist im Krankenhaus.“ auf diese Frauen aufmerksam, die als Ärztinnen, Krankenschwestern und Reinigungskräfte im Krankenhaus von Témara im täglichen Kampf gegen die Pandemie aktiv sind und Leben retten. Dieses Projekt ist eine Gelegenheit, um auf Missstände bei der Gleichstellung der Geschlechter in der marokkanischen Gesellschaft aufmerksam zu machen.

Welche Bedeutung hat der Glaube für die Menschen in den Zeiten der Pandemie?

Marokko hat eine Videokonferenz der Vereinten Nationen organisiert, bei der es um die Rolle religiöser Führer in der Bekämpfung der Pandemie ging. Die Vertreter der drei monotheistischen Religionen haben betont, dass Solidarität in dieser unsicheren Zeit unerlässlich ist. Der Generalsekretär des Gelehrtenkomitees „Rabita Mohammadia des Oulémas du Maroc“ hat erkannt, dass es auch für religiöse Führer wichtig ist, über neue Kommunikationstechnologien Gläubige zu erreichen und dass ihre Ausbildung entsprechend angepasst werden muss. Die Gelehrten haben auch darauf hingewiesen, dass wir entschieden dagegen vorgehen müssen, dass Extremisten die Situation ausnutzen, um Unfrieden zu stiften und ihre Ideologien zu verbreiten.

Als Christinnen und Christen haben wir während der Zeit der Ausgangssperre über das Internet Messe gefeiert. Am 14. Mai hat das „Hohe Komitee der menschlichen Brüderlichkeit“, das infolge des historischen Treffens von Papst Franziskus und dem Großimam Ahmad Al-Tayyib im Februar 2019 gegründet worden war, zum interreligiösen Gebetstag aufgerufen. In Marokko war dieser Tag eine Gelegenheit, um gemeinsam zu beten und zu fasten. Insbesondere während des Ramadan gibt es eine enge Zusammenarbeit mit Freiwilligen in Solidaritätskampagnen, um Migranten und Notleidenden zu helfen.

Foto: missio

Schwester Claire Hantouche lebt in Marokko und ist Mitglied des von missio initiierten Netzwerks Religionsfreiheit in der MENA-Region, das heißt in Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten. In vielen Ländern der Erde leiden Menschen wegen ihres Glaubens unter Bedrängnis oder sogar Verfolgung. Unter Netzwerk Religionsfreiheit » erfahren Sie mehr zu diesem Thema.


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